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Rund 50 Sprünge sammelte ich bis Ende Mai. Es kam uns Soldaten entgegen, dass wir im Rahmen der „Besonderen Sportausbildung“ dienstlich springen durften und oft auch von anderen militärischen Sportgruppen zum Springen eingeladen waren, von den erfahrenen Amerikanern nach Schwäbisch Hall oder von den Heeresfliegern nach Laupheim, die wiederum von unserer Erfahrung profitierten.

Mit den schwach steuerbaren Rundkappenfallschirmen (5 oder 7TU) erreichte man Zielentfernungen zwischen zwei und zehn Metern, aber manchmal auch darüber. Da war es schon eine besondere Freude, dass ich am 09.01.1966 in Schwäbisch Hall meine erste Nullpunktlandung eintragen durfte. Ob´s wirklich eine war? Egal, die Freude war jedenfalls riesengroß!


links:

Adi 
Klaiser,
ein
erfahrener
"alter
Recke",
stand uns
immer mit
Rat und
Tat zur 
Seite,
in der
Schüler-
ausbildung
und bei
allen
fallschirm-
technischen
Problemen.  


Vom 30.04.- 01.05.1966 nahmen die Calwer Clubmannschaft am Internationalen Zielsprungwettbewerb in Lebach/Saar teil. Zu gewinnen war für die "Unerfahrenen" nichts. Eine meiner Ziellandungen wurde mit 19,2 m gemessen, eine weitere oder auch zwei waren außerhalb des 25-Meter-Zielkreises. Ganz klar, dass man heute über solche Entfernungen nur lacht. Auch damals lachte man darüber, dass man wenige Jahre zuvor mit einem  "Flugplatztreffer" Deutscher Meister werden konnte.



Zur Vorbereitung auf die anstehende Deutsche Meisterschaft zog die Bundeswehr die damals besten Sportspringer vom 24. Mai bis zum 01. Juli (fast 6 Wochen!) zu einem Trainingslager an der LL/LTS in Altenstadt zusammen. Beim Figurentraining war es schon einigermaßen unangenehm, wenn man morgens vor sechs Uhr in der offenen Do 27 (Türe ausgehängt) so ganz gemächlich auf die Absetzhöhe von 2000 m „kroch“. Im Flugzeug war´s verdammt kalt. Nach acht Uhr gab´s leider keine Fluggenehmigung über 1000 Meter. Ab der dritten Woche konnten das Stiltraining dann aus der NORATLAS durchgeführt werden. 18 Figurensprünge waren die Ausbeute und für mich standen dann Stilzeiten um die 13 Sekunden (!) zu Buche. Da konnte man sich auf der Deutschen Meisterschaft schon sehen lassen!


v.l. Schlecht, Zeisluft, Bernhard, Frank, Scherer, Appel, Schultz, Weckbecker, Roth, vorne Götz


Der Höhepunkt war, dass die Bundeswehr die Soldaten mit dem Para Commander Mark I ausstattete. Ein ganz neues Zielsprunggefühl wurde immer stärker verinnerlicht und die Zielentfernungen gingen im Verlaufe der 46 Zielsprünge immer mehr in den Bereich von innerhalb drei Metern.

 
"Para-Fotos"  (1966/68)





Und gleich ging es weiter: Unterstützt durch die Bundeswehr – General Gericke und Major Hoyer waren die Motoren – wurden die A- und B-Nationalmannschaft und sechs weitere Nationalmannschafts-Anwärter zum Trainingslager nach Leutkirch/ Allg. eingeladen. Vom 3. - 11. Juli gab´s 21 Sprünge und man lernte natürlich auch den Sprungplatz der Deutschen Meisterschaft gut kennen.



Am 12.07.1966 fing sie an, meine erste Deutsche Meisterschaft. Nun kam es darauf an, mit meinen inzwischen nur 350 Sportsprüngen mein vor zwei Jahren selbst gestecktes Ziel zu erreichen: ein Platz in der Nationalmannschaft. Nur dem Altmeister Lothar Rützel musste ich mich geschlagen geben, erreichte aber alle zweiten Plätze. Zurecht war ich wohl stolz darauf, nun auf Anhieb dreifacher Deutscher Vizemeister geworden zu sein, im Zielspringen, im Stilspringen und in der Kombination.

Die Ergebnisse                          
Zielspringen 1.Lothar RützelZielentfernung aus 6 Sprüngen: 6,60 Meter
        2.Alois Scherer102/384/27/196/30/94 cm = 8,33 Meter
 3.Ulrich Frankweitere Ergebnisse nicht bekannt
 4.Günther Bosse 
 5.Siegfried Starke 
Stilspringen 1.Lothar Rützel12,4 / 12,6 / 13,1 Sek.
 2.Alois Scherer13,2 / 15,6 / 13,2 Sek
 3.Helmut Schlecht weitere Ergebnisse nicht bekannt
 4.Günther Bosse
Kombination 1.Lothar Rützel
 2.Alois Scherer
 3.Günther Bosse
 4.Ulrich Frank
 5.Helmut Schlecht
 7.Klaus Zeisluft
11.Gert Weckbecker

Seit der 5. WM 1960 in Musatschewo / Bulgarien gab es Zielscheiben mit 15 cm Durchmesser, die als Nullpunkt betrachtet werden. Die Landeentfernungen wurden vom Rand der Scheibe aus in cm und m manuell mit dem Bandmaß gemessen.



Stolz war
ich
schon
auf meine
ersten
Preise!
Sie
bekamen
in meinem
Wohn-
zimmer
einen
Ehren-
platz


v.l.      Günther Bosse,    Alois Scherer, Ulrich Frank

Beim Empfang durch die Stadt und den Luftsport- förderer  Georg Fürst von Waldburg zu Zeil im Rathaus in Leutkirch.   V.l.:   Zeisluft, Rützel, Frank, Burkert,    Bw-Pilot, Minstedt, Stach, vorne Schlecht

Siegerehrung Zielspringen: Scherer - Rützel -   Frank



Beim Empfang im Schloß Leutkirch-Zeil: Besondere Ehrung für Lothar Rützel, der seine drei  Meistertitel souverän verteidigt hatte. "Papa" Richard Kohnke gratuliert, im Hintergrund v.l. der Präsident des DAeC Fürst Georg von Waldburg zu Zeil  und Dr. Dabrok, Generalsekretär

Klaus Zeisluft nach einem Sprung

Welche Bedeutung die Deutsche Meisterschaft damals hatte, kann man an den Ehrengästen ermessen, die zur Eröffnung anwesend waren: der baden- württembergische Innenminister Dr. Filbinger; MdB Adorno, MdL Josef Siedler, Regierungspräsident Birn, der Generalsekretär des Deutschen Aeroclubs, Dr. Dabrok, die Vorsitzenden der Landesverbände, darunter H. Dolack vom Badenwürttem-       bergischen Luftsportverband, der Kommandeur der Luftlande- und Lufttransportschule Altenstadt, Oberst Herrmann, der Kommandeur des Fliegerhorstes Memmingen, der Korpsheeresfliegerkommandeur, Oberst Schirmer aus Laupheim, der freundlicher-  weise die Absetzmaschinen für diese Meisterschaften zur Verfügung stellte.


Ein besonderes Erlebnis war am 24.07. der Sprung vor die Haupttribüne am Hockenheimring aus Anlass des „Großen Preises von Hockenheim“. Heute nichts Besonderes, damals aber eine echte „Sensation“.


Zu den "Nachwuchs-springern" zählten damals auch Dieter Finke und Gerd Scherer,  mein jüngerer Bruder.     Hier vor einem Sprung aus der Noratlas


Und weiterhin wurde gesprungen und trainiert, wo immer es gerade ging. Und natürlich waren wir alle bei einigen Großflugtagen dabei, wie in Böblingen auf der Hulb (70.000 Zuschauer bei der größten Luftschau des Jahres!), in Straubing/NBay, Hülben/ BWürttbg. und Illertissen/Bay. Flugtage waren damals in allen Bundesländern die große Schau. Am Jahresende hatte ich dann 442 Sprünge, davon etwa 100 automatische.


Originalbild und Text aus der Böblinger Stadtzeitung:
"Genau auf das Landekreuz sprang gestern Nachmittag beim Böblinger-Sindelfinger Großflugtag Feldwebel Scherer aus Augsburg, der zum Fallschirmsportspringerclub der Luftlandedivision in Calw gehört. Er erreichte bei dem Zielspringen einen echten „Volltreffer“. Links im Bild sind noch die Schwaden der Rauchpatrone zu erkennen.


Wir waren ca. 15 Springer aus der 1.LLDivision und der Schule in Altenstadt. Günter „Tiger“ Schultz hatte man als Absetzchef auserwählt. Es war stark bewölkt und man beschloss, den Absetzpunkt per „Stuttgart-Radar“ anzufliegen. Dazu flog die NORATLAS einige Zeit vor dem Sprung in niedriger Höhe über den Absetzplatz. Den geplanten Absetzpunkt teilte die Besatzung den Fluglotsen im Stuttgarter Tower mit, die den Absetzpunkt am Radarschirm festhielten. Zum Schausprung ging man nun über die Wolken auf 3.800 Meter Höhe. Die Maschine flog an, die Springer waren vor beiden Türen aufgestellt und warteten auf das Absetz-Hubsignal durch die Besatzung. Ich war neugierig und ging an die Tür. Die Wolkendecke war nicht mehr geschlossen, man sah den Platz. Der Anflug war falsch, mindestens um 30 Grad nach links abweichend. Ich wollte dies meinem Kameraden Helmut Schlecht mitteilen, aber da kam schon der schrille Hubton, das Absetzsignal, bei diesem starken Wind deutlich zu früh. In blindem Vertrauen auf die „sichere Radarmethode“ stiegen beide Sprung- reihen aus und mein Versuch, durch Handzeichen die Sprünge zu stoppen, war vergebens. Die Kameraden landeten fast ausnahmslos in der Stadt Böblingen oder deren Randbereich. Adi Klaiser landete auf dem Flachdach des Krankenhauses.
Zur Überraschung des Ladungsmeisters und der Piloten blieb ich in der Maschine, korrigierte die Flugrichtung mehrmals nach rechts, sprang dann viel später und flog im „Flash“ noch die ganze Freifallzeit von über 60 Sekunden weiter in die Windachse.   Alles war richtig, nur eines nicht: Wie konnte ich es mir erlauben, dem gegebenen Absetzbefehl nicht zu gehorchen? Der Herr Hauptmann, dessen Namen ich nie mehr nennen werde, war sauer, weil er nicht im Mittelpunkt, sondern neben dem Flugplatz stand.



Und innerhalb der Bundeswehr waren die Freifaller immer "vorzeigbar", wenn - wie hier z.B. - die Fallschirmjägerbrigade 25 in Calw Besucher hatte. Bild links: Helmut Schlecht und Adi Klaiser, im Hintergrund OGefr. Gerhard Irlinger, rechts: Ich überprüfe Hannes Schmitz (gegenseitige Kontrolle war üblich).


Ein insgesamt erfolgreiches Jahr ging zu Ende. Aber es gab auch Betrübliches: Die bundesdeutsche Nationalmannschaft, die zum Großteil aus Soldaten bestand, durfte nicht zur Weltmeisterschaft nach Leipzig in die damalige DDR. Der "Eiserne Vorhang" war noch dicht. Die erste WM-Teilnahme war auf 1968 verschoben.


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