Das neue Sportjahr begann im Winter mit den Para-Ski-Wettbewerben.
Zuvor aber ging´s ins Ski-Trainingslager, das wir alle bitter nötig hatten. Vom 2. bis 23. Januar waren wir in Lenggries/Obb. und ab dem 13. Januar stand uns Rudi Hinterseer von der Bayerischen Grenzpolizei als Trainer zur Verfügung. Schon im Vorjahr hatte sich Rudi alle Mühe gegeben, uns das bessere Skifahren näher zubringen.
Den US-amerikanischen Freunden der Special-Forces in Bad Tölz war es zu verdanken, dass wir während dieser Zeit 10 bis 12 Fallschirmsprünge durchführen konnten.
Am Wochenende 25. und 26. Januar starteten Helmut Schlecht, Adi Klaiser, Wilfried Huy und Alois Scherer als Calwer Vereinsmannschaft im wunderschönen Verbier/ Schweiz. Offensichtlich war Para-Ski damals noch mehr „in den Händen der Fall-schirmsportler“, die diesen Wettbewerb auch ins Leben gerufen hatten. Starke Skifahrer waren nicht am Start, anderenfalls hätte es mir nicht gelingen können, im Riesenslalom den 2. Platz zu belegen. Das hochalpine Springen gewann ich mit 11 cm und einer Null – ich glaube vor Uli Brand aus der Schweiz.
Dazu kam dann der 2. Platz in der Kombination und der 2. Platz in der Mannschaftswertung.
Corvara und Colfosco im südtiroler Alta Badia waren vom 28.01. bis 02.02.1969 die Gastgeber dieses Wettbewerbs der Alpenländer Italien, Österreich, Schweiz, Frank-reich und Deutschland. 11 Mannschaften mit 33 Teilnehmern - eine Gastmannschaft stellte die US-Army - waren am Start.
Die bundesdeutsche Nationalmannschaft I stellte der Calwer Club mit Helmut Schlecht, Wilfried Huy und Alois Scherer, der Luftsportverband Bayern stellte die zweite Mannschaft.
Mit Sprüngen unter überwiegend schwierigen, umlaufenden Winden erreichte ich mit 54, 75, 36 und 306 cm den 2. Platz im Zielspringen hinter dem österreichischen Altmeister Rico Deutsch. Das reichte mir dann noch für den guten 7. Platz in der Kombination.
In der Mannschaftswertung des Zielspringens erreichten wir hinter Frankreich II und vor Frankreich I den 2. Platz.
Das große Problem für uns „Fallschirmsportler“ war der äußerst schwierig gewählte Riesentorlauf mit 450 m Höhenunterschied und 57 Toren. Für die weniger geübten Skifahrer war dies dann ein Lauf von ca. 4 Minuten (!), der letztlich für einige zum totalen K.O. führte. Auch ich war darunter. In der Mannschaftskombination retteten wir den 8. Platz.
Vom 01. - 04. Mai fand in der Nähe von Blumberg auf dem dortigen Segelfluggelände die II. Baden-Württembergische Meisterschaften statt, die erwartungsgemäß von den Soldaten aus Calw mit dem Gewinn von 9 von 10 möglichen Medaillen dominiert wurden.
Aus dem Bericht im „ADLER“, der Verbandszeitung: „Im Einzelzielspringen stellten in Stärke und Richtung ständig wechselnde Winde die Springer vor manches Problem. So machte Scherer nach 16 cm und einer Null zwei ´Zweimeter-Sätze´, Schlecht erwischte es sogar mit einem ´Sechsmeter-Verhungerer´ - insgesamt kein Wunder bei thermischen Ablösungen von 1 – 4 m/s. Aber auch die Gästeklasse blieb von diesen Bedingungen nicht verschont. So sprang der amtierende Weltmeister KALOUS/CSSR nach einer Null und 13 cm im dritten Durchgang 8 Meter und vergab seine Siegeschance.“
V.l.: Alois Scherer, Helmut Schlecht, Klaus Zeisluft, Wilfried Huy
Die Ergebnisse:
Einzelzielspringen
1.
Klaus Zeisluft
Calw
2.
Alois Scherer
Calw
3.
Hans Schwörer
Malsch
4.
Wildfried Huy
Calw
5.
Helmut Schlecht
Calw
6.
Florian Baedeker
Freiburg
Stilspringen
Kombination
Gruppenziel
1.
Schlecht
1.
Scherer
1.
Calw
2.
Scherer
2.
Zeisluft
2.
Freiburg
3.
Zeisluft
3.
Schlecht
3.
Malsch
Vom 06. - 08. Juni trug die europäische Fallschirm-Liga in Europa ihre Meisterschaft aus, an der wir als Gäste teilnehmen durften. Der 2. Platz im Zielspringen und der 3. Platz im Figurenspringen brachten mir den 1. Platz in der Kombination.
Eine wichtige Vorbereitung auf die Meisterschaft war unser Bundes-wehrtrainings-lager vom 08. - 11.07 in Weingarten, das uns 27 Sprünge brachte. Auf dem Flugplatz Degerfeld bei Tailfingen/ Schwäbische Alb fand dann vom 13. - 20. Juli die Deutsche Meisterschaft 1969 statt. Am ersten und am letzten Tag, jeweils ein Sonntag, begeisterte ein Flugtag Tausende von Zuschauern. Ich wurde Deutscher Meister im Zielspringen, Vierter im Stil und damit Vizemeister in der Kombination. Im Gruppenzielspringen reichte es zusammen mit Helmut Schlecht und Klaus Zeisluft nur zum 4. Platz.
Werner Eschenlohr war das aufsteigende Talent. Er gewann das Stilspringen, wurde Zweiter im Zielspringen und gewann damit die Kombination.
Die französische internationale Schiedsrichterin gratuliert mir zur „Ziel-Meisterschaft“.
Alois Scherer im Zielanflug
Die Endergebnisse:
Einzelziel
1.
2.
3.
4.
5.
6.
gesamt
1.
Alois Scherer
2,25 m
0,18 m
0,00 m
0,00 m
0,06 m
0,00 m
2,49 m
2.
Werner Eschenlohr
0,00 m
0,23 m
0,00 m
0,84 m
2,17 m
0,13 m
3,37 m
3.
Jürgen Sommer
0,78 m
1,20 m
0,62 m
0,48 m
1,79 m
0,54 m
5,41 m
Siegerehrung Zielspringen v.l. Jürgen Sommer, Alois Scherer, Werner Eschenlohr
Stilspringen
Stilzeiten (ggf. + Strafzeiten)
1.
Werner Eschenlohr
680 Punkte
8,6 - 9,2 s
2.
Gert Weckbecker
1070 Punkte
10,3 - 12,3 s
3.
Lothar Rützel
1090 Punkte
10,1 - 10,5 s
4.
Alois Scherer
1140 Punkte
11,7 - 11,9 s
Kombination
1.
Werner Eschenlohr
1017 Punkte
2.
Alois Scherer
1389 Punkte
3.
Gerd Weckbecker
2089 Punkte
Die Deutschen Meister 1969 Alois Scherer (Ziel), Werner Eschenlohr (Stil+ Kombination), vorne: Rudi Appl, Eckhard Teschke und Gerd „Pitter“ Weckbecker (Gruppe)
Gruppenziel
1.
Bayern
Appl, Teschke, Weckbeckker
17,87 m
2.
Saar
Eschenlohr, Sommer, Stach
19,03 m
3.
Bd-Wttbg II
Baedeker, Bächle, Huy
22,26 m
4.
Bd-Wttbg I
Scherer, Schlecht, Zeisluft
22,66 m
Bei den Deutschen Meisterschaften 1969 in Degerfeld-Thailfingen war der damals sehr bekannte Sportfotograf Erich Baumann täglich anwesend. Von ihm bekamen wir gute Fotos. Darunter auch das von meinem Absprung mit sofortiger Fallschirmöffnung. Viele Jahre danach wurde mir erzählt, dieses Bild hinge im Deutschen Museum in München in der Luftfahrtabteilung. Und vierzig Jahre danach ließ ich mich dann mal davor fotografieren. Ob „ich“ nach dem nächsten Umbau der ständigen Ausstellung noch zu finden bin?
Links von meinem Foto hängt die Zeichnung von Leonardo da Vinci, der im 15./16. Jahrhundert niederschrieb, dass man mit einem derartigen Gebilde gefahrlos von hohen Türmen springen könnte. Rechts davon hängen Fotos von der Raumfahrt. Stolz macht mich das schon.
Als erster Verein wagten wir am 30. und 31. August 1969 ein besonderes Unternehmen, nämlich ein internationales Schauspringen in ein Stadion, ziemlich mittig in der Stadt Augsburg. Der großen Unterstützung durch die Bundeswehr, besonders dem damaligen Kommandeur der Luftlandebrigade 25, Oberst Teusen, und dem Kompaniechef der Stabskompanie Hptm. von Grawert-May, war es zu verdanken, dass der Calwer Club diese Großveranstaltung schultern konnte. Die Organisation lag schon einige Monate zuvor in meinen Händen. Das Wohnzimmer meiner Eltern in Augsburg wurde zum „Organisationsquartier“, wo ich ab Mitte Juli bis Ende August meinen gesamten Jahresurlaub verbrachte. Namhafte Springer aus neun Nationen wurden in einem 3-stündigen Programm über dem Stadion abgesetzt. Kleinformationen, Stabübergaben, Kappenabwurf, Tiefsprünge aus 80 m (Adi Klaiser und Werner Eschenlohr) und zahlreiche Sonderaufgaben bei der Landung im Stadion standen auf dem Programm. Aus zwei Hubschraubern, die auf dem Nebenfeld starteten, und mehreren Flächenflugzeugen, die vom Flughafen Mühlhausen kamen, sprangen die Teilnehmer im 3-5-Minutentakt. Ich selbst konnte nicht springen, obwohl dies viele Besucher meiner Heimatstadt erwartet hatten. Die Gesamtleitung konnte ich nicht abgeben und über mein Mikrophon führte ich die Besucher sachkundig durch das Programm.
Es war eine echte Werbung für den Fallschirmsport. Leider bestaunten aber mehr Zuschauer außerhalb des Stadions das Geschehen am Himmel, so dass wir mit nur ca. 3.000 Zuschauern gerade unsere Gesamtunkosten abdecken konnten.
Generalleutnant a.D. Thilo gratuliert mir zur gelungenen Veranstaltung. Im Hintergrund mein KpChef Hptm. Rutgar von Grawert-May.
Hier sieht es etwas leer aus, aber die Haupttribüne auf der Gegenseite war doch recht gut gefüllt.
Das Nebenfeld war der Hubschrauber-landeplatz. Viele Zuschauer interessierte dies auch.
Als Mannschaft der 1. Luftlandedivision starteten am 06. und 07. September Helmut Schlecht und Alois Scherer (beide Calw), Werner Eschenlohr und Jürgen Sommer (beide Lebach) beim Oberschwaben-pokal. Hinter den beiden favoritisierten US-amerikanischen A- und B-Nationalmannschaften belegten wir den 3. Platz.
Helmut Schlecht und Alois Scherer nach der Siegerehrung. Werner Eschenlohr und Jürgen Sommer waren vorzeitig zurück gereist ins ferne Saarland.
Bei diesem Wettbewerb stellten wir 3 deutsche Rekorde für eine Vierermannschaft aus 600 m auf. 5,35,/ 3,21 und 3,13 m war die jeweilige Zielentfernung der Mannschaft.
Die Amerikaner waren auf der Durchreise zum Adria-Cup in Portoroz/ Jugoslawien. Vorher übten sie jedoch in Langenargen/Bodensee noch das Wasserzielspringen. Dazu war auch ich eingeladen und ich konnte dabei den noch fehlenden Wasserzielsprung für das „Internationale Fallschirmsportabzeichen in Gold mit drei Diamanten“, die höchste Auszeichnung der FAI, absolvieren. Ich hatte zwei gute Tage und sprang dreimal direkt auf das Ziel, was keinem Amerikaner gelang.
Don Strickland vom 7th-US-Army-Team war der erste Trainer unserer jungen Mannschaft der Bundeswehr.Er gab uns die Grundlagen der Technik des Fallschirm- Zielsprungs in Theorie und Praxis, die auch für all meine späteren Erolge im Zielpringen ausschlag-gebend waren.
Vom 12.-22.09. nahmen Gerd Weckbecker/Schongau, Peter Böttgenbach/Köln, Hartl Huber/München und Alois Scherer/Calw als bundesdeutsche Mannschaft am Adria-Cup teil. „Stabübergabe“ aus 2500 m für 3 Mann, Wasserzielspringen, Gruppenzielspringen für Vierergruppen mit Einzelwertung standen auf dem Programm. In der Mannschaftswertung wurden wir Vierter, in der Einzelwertung kam ich auf den 8. Platz.
Am Wochenende 27. / 28.09. starteten wir in Schwenningen mit mäßigem Erfolg. Im Gruppenzielspringen war uns nur der Platz neben dem Treppchen (4.) vergönnt, im Einzelziel wurde ich Achter .
29 Mannschaften aus sechs Nationen trafen sich zum Saisonabschluss im Tessin. Mit 87 Teilnehmern war die Konkurrenz stark besetzt. Der erste Tag verlangte bei 6 m/s Wind viel Erfahrung und auch eine große Portion Glück. Der zweite Tag glänzte mit idealem Sprungwetter. Die Calwer Mannschaft mit Helmut Schlecht, Alois Scherer und Wilfried Huy überraschte mit einer Leistung, die bis dahin im Gruppenzielspringen keine bundesdeutsche Vereinsmannschaft erbrachte. Hinter der US-Mannschaft erreichten wir den 2. Platz. In der Einzelwertung gab es Platz 8 für Schlecht, Platz 9 für Scherer und Platz 12 für Huy. Die geschlossene Mannschaftsleistung war ausschlaggebend für den gelungenen Saisonabschluss.
Das siegreiche 7th-US-Army-team mit Bland, Bennion und Don Strickland
Wilfried Huy, Helmut Schlecht, Alois Scherer und Mannschafts-führer Hauptmann von-Grawert- May
Natürlich sprangen wir auch bei der Verabschiedung unseres Brigadekommandeurs, Oberst Teusen (links) in Calw. Der Ritterkreuzträger des II. Weltkriegs und spätere General war einer unserer Förderer. Er starb 2011 mit 93 Jahren! Foto: Mitte Helmut Schlecht, rechts Alois Scherer